Schickes Auto, Beförderung im Job, Eigenheim, Traumpartner und am besten noch der Lottogewinn? Viele Menschen meinen, dass diese Dinge glücklich machen. Sie strengen sich ordentlich an, um diese Ziele zu erreichen, nehmen dafür Stress und Strapazen in Kauf. Doch wenn sie dann ein bestimmtes Ziel erreicht haben, ist das Glücksgefühl meist nur von kurzer Dauer. Es gibt sogar zahlreiche Beispiele von Menschen, die Spitzenleistungen erzielt haben und sich danach eher sinnentleert und traurig fühlten.
Studien aus der Glücksforschung bestätigen: kurzfristig
fühlen wir uns gut, wenn wir ein bestimmtes Ziel erreicht haben – aber
langfristig pendelt sich das Glücksniveau wieder auf den gleichen Stand wie
vorher ein. In der Steinzeit war das überlebenswichtig. Denn da konnte man sich
nicht auf den erreichten Zielen "ausruhen", sondern musste sich immer
wieder an die sich ändernden Gegebenheiten anpassen. Heute führt dieses
Phänomen dazu, dass wir uns – kaum ist ein Ziel erreicht – gleich wieder das
nächste, höhere Ziel setzen – weil wir meinen, dass uns das endlich glücklich
macht. Dieser Irrglaube führt dazu, dass wir wie die Ratten im Hamsterrad immer
weiter rennen, um an das Ziel zu kommen. "Life of a rat racer" ist
der amerikanisch geprägte Begriff dafür. Wir strengen uns immer mehr an, um
immer höhere Ziele zu erreichen. Langfristig treibt uns das eher in den Burnout
als zu echtem Glücksempfinden.
Was ist wirklich wichtig?
Äußere Faktoren wie Status, Geld, Wohnort oder
Besitztümer spielen nur eine geringe Rolle für unser wirkliches inneres
Glücksempfinden. Laut internationalen Studien sind nur 10% des Glücks solchen äußeren
Lebensumständen zuzuschreiben. Die Gene – also die Veranlagung - bestimmen zu
50% darüber, wie glücklich wir uns fühlen bzw. wie wir mit dem Leben und Schicksalsschlägen
umgehen.
Können wir also gar nichts tun, wenn die Gene uns nicht
wohlgesonnen sind? Ist dies der Freifahrtschein für alle Jammerer und
"Opfer" des Lebens? Können wir uns nun immer auf unsere Gene berufen,
wenn es uns nicht gut geht, uns im Selbstmitleid suhlen, da wir ja eh nichts daran
ändern können? Hier kommt die schlechte Nachricht für alle notorischen Jammerer:
die restlichen 40%, die unser Glücksempfinden ausmachen, können wir selbst
beeinflussen. Hier spielen vor allem Werte wie Familie, stabile Beziehungen,
ein gutes soziales Umfeld, Sinn im Leben und eine erfüllende Aufgabe eine
Rolle. Wenn dies alles da ist – umso besser. Solange es auch hier nicht
anstrengend wird, diesen Werten "hinterher zu rennen." Denn anhand
einer Studie hat man festgestellt (Rutgers University Newark und der University
of Toronto vom März 2018): Wenn etwas zu anstrengend wird, leidet die
Lebenszufriedenheit. Doch wie kann man etwas bekommen, ohne es zu sehr zu
wollen?
Es ist nie zu spät,
um glücklich sein
Hier kommt uns eine Erkenntnis aus der Gehirnforschung
zugute: Neurobiologen haben festgestellt, dass unser Gehirn nicht zu einem
bestimmten Zeitpunkt fertig ausgereift ist, sondern sich ständig verändern kann
– auch im höheren Alter. Diese sogenannte "Neuroplastizität" des
Gehirns können wir zu unserem Vorteil nutzen. Das bedeutet nämlich für uns: wir
können durch unser Denken und Tun selbst beeinflussen, wie sich unser Gehirn
prägt. Das beginnt mit Gedächtnistraining, geht über Mentaltraining bis hin zu
Achtsamkeit und Meditation, von der mittlerweile nicht mehr nur Buddhisten
wissen, dass sie unser Gehirn verändert. Wir können also unser Gehirn darauf trainieren,
dass wir uns gut fühlen. Verschiedene Gehirnareale sind nämlich für
verschiedene Emotionen und Bereiche zuständig. Und die Areale, die wir häufig
aktivieren, stärken sich, während die anderen kleiner werden. Wenn wir also
häufig Freude empfinden, stärkt sich das Areal für Freude, und wir können
schneller und öfter Freude empfinden. Umgekehrt gilt dies auch für Ärger, Wut,
Angst und Verbitterung.
Doch das Leben ist natürlich nicht nur Freude. Führt dieses
Wissen also nun dazu, dass wir uns noch mehr ärgern, wenn wir uns ärgern? Weil
wir ja wissen, dass Ärger unser Gehirn verändern kann? Damit wäre der
Negativ-Kreislauf vorprogrammiert. Einfacher ist es, in solchen Momenten zu
akzeptieren, was ist. Den Ärger annehmen, ihn sich selbst erlauben und dann
einen Gegenpol setzen, der uns in gute Stimmung bringt. Doch sich gut fühlen
auf Kommando – wie soll das gehen?
Nicht denken, sondern
Tun
Spannend ist dafür die Erkenntnis, dass bestimmte
Körperaktivitäten und – haltungen unsere Emotionen beeinflussen. Gedanken sind
nicht immer kontrollierbar – es sei denn, man ist buddhistischer Mönch mit
jahrelanger Meditationserfahrung. Doch wer kann sich schon seinen Gedanken
komplett entziehen: Was alles noch zu erledigen ist, wer einem die Vorfahrt
genommen hat oder dass der Chef / Partner / die Freundin sich irgendwie komisch
verhalten hat.
Einfacher ist es, aktiv zu werden statt zu grübeln. Sport
und Bewegung helfen zum Beispiel langfristig depressiven Menschen besser als Psychopharmaka,
so die Erkenntnisse einer Studie. Längeres Laufen bringt uns genauso in einen
Zustand des "Flow" wie das Malen eines Bildes oder das Singen im
Chor. Es beginnt schon mit bestimmten Körperhaltungen. Wenn wir bewusst stabil
und fest stehen, verbessert sich unser Selbstbewusstsein. Wenn wir lächeln –
oder gar lachen – werden Endorphine ausgeschüttet, die uns gut fühlen lassen.
Wenn wir die Arme regelmäßig begeistert und jubelnd nach oben strecken, stärkt
dies unser Charisma. Dies funktioniert auch dann, wenn wir das Gefühl mental
noch nicht empfinden können. Es reicht schon, wenn wir so tun, als ob wir ein
bestimmtes Gefühl erleben.
"Fake it until you make it" ist auch ein Motto,
das im Lachyoga praktiziert wird. Hier geht es darum, ganz konkret positive
Gefühle zu trainieren. Absichtlich erzeugtes Lachen in Kombination mit Bewegung
und positiven Affirmationen kann uns dabei unterstützen.
Will man sein Gehirn auf "glücklich sein"
programmieren, hilft es außerdem, sogenannte "Momente der Freude" zu
kultivieren und zu genießen. Das kann die Freude über kleine Dinge sein,
Momente in der Natur, das Spielen mit Kindern, Sport treiben, kreativ sein,
singen, herumtoben, spontan und abenteuerlustig sein. Hinzu kommt das Prinzip
Dankbarkeit - über alles, was ist. Das geht auch ohne Lottogewinn.